Warum ist frühkindliche Prägung ausschlagebend?
Vergleichen wir das menschliche Hirn mit einem unberührten Urwald,
in den erstmals größere Tiere eindringen.
Sie haben es anfangs schwer, eine Schneise zu brechen.
Das entspricht den ersten Denkprozessen.
Alles, was ein Mensch neu durchdenkt, dauert lange und strengt an.
Suchen sich die Tiere das nächste Mal einen anderen Weg,
wächst die erste Schneise bald wieder zu.
Wird sie wiederholt benutzt, entsteht ein Trampelpfad.
Das entspricht der Entwicklung von Denkvorgängen.
Was nur einmal kurz angedacht wurde, ist schnell wieder vergessen.
Durch Wiederholung prägt sich eine Denkweise ein:
Je öfter Synapsen in Gebrauch sind, umso flotter vollzieht sich der Denkvorgang.
Darum wiederholen Erzieher wichtige Dinge immer wieder,
darum müssen Schüler neu Erlerntes üben.
Manchmal nutzen verschiedene Tierarten unterschiedliche Wege.
Das ist so, als wenn verschiedene Leute
eine Aufgabe unterschiedlich bewältigen
oder in einem Konfliktfall jeder anders handelt.
Ein kleines Kind, das durch Nachahmung lernt,
steht dann vor der Situation wie ein einsames Reh,
das nicht weiß, welchen Weg es gehen soll.
Für Kleinkinder ist es also wichtig, eindeutige Signale zu erhalten.
Die Eltern müssen 'an einem Strang ziehen'.
Für größere Kinder kann es eine Bereicherung sein,
unterschiedliche Verhaltensweisen kennenzulernen und auszuprobieren.
Wichtig ist hier das Gespräch über die jeweiligen Vor- und Nachteile,
um diverse Möglichkeiten in ein Wertesystem einzuordnen.
Im Grundschulalter - der Latenzphase - lernen Kinder die herrschenden Regeln.
Auch Rollenspiele mit Puppen oder auf der Theaterbühne
vermitteln soziale Kompetenz.
In der Pubertät stellen Jugendliche die herrschenden Normen in Frage.
Dabei ist es notwendig, diese Werte zu diskutieren.
Dies ermöglicht jeder Generation, die Fehler der Älteren zu berichtigen.
Es ermöglicht auch, de Sinn von Althergebrachtem zu verstehen.
Wenn Jugendliche wiederborstig sind, weil sie keinerlei Regeln anerkennen,
muss man ihnen Einhalt gebieten.
Wenn Erwachsene trotz guter Gegenargumente auf ihrem Standpunkt beharren,
darf sich die Jugend nicht beirren lassen.
Denkt das gesamte Umfeld einheitlich, ensteht sozialer Zwang.
Das ist so, als wenn sämtliche Tiere einer Region
immer denselben Trampelpfad benutzen.
Dadurch entsteht eine breite Schneise, die als einzig möglicher Weg angesehen wird.
Wer ausschert, begibt sich in Gefahr und kommt langsamer vorwärts.
Auch wenn die breite Straße ins Verderben führt,
wollen dies gedankenlose 'Herdentiere' nicht wahrhaben.
Sie trotten weiter den Weg, der schon immer begangen wurde.
Dies gilt nicht nur für politische Gesellschaft-Systeme,
sondern auch für Gewohnheiten im Alltag.
Warum denken wir nicht über Sinn oder Unsinn unserer Gepflogenheiten nach?
Die Antwort liegt in der Struktur unseres Gehirns:
Haben sich ein Denkvorgang durch Wiederholung verfestigt,
wird er im Unterbewusstsein abgespeichert.
In der Folge spulen wir das Erlernte automatisch ab.
Wir merken garnicht mehr, was wir tun.
Unser Bewusstsein wird dadurch frei für neue Wahrnehmungen und Lernprozesse.
Der 'innere Schweinehund' ist nichts anderes, als die Bequemlichkeit,
gedankenlos auf 'eingefahrenen Geleisen' fortzufahren.
Zwecks Umlernen, müssen wir den Verhaltensablauf ins Bewusstsein zurückholen.
Dann muss alles neu durchdacht, wiederholt eingeprägt und abgespeichert werden.
Dies erfordert ungeheure Mühe und kann trotzdem scheitern,
weil die vorherige Verhaltensvariante ja nicht gelöscht ist.
Der Mensch muss nach dem Umlernen stets bewusst entscheiden,
welchen Weg er einschlägt, den alten oder den neuen.
Erst durch stetige bewusste Entscheidung für den neuen Weg
verblasst die Erinnerung an den alten nach und nach
und der neue wird als Standard eingespeichert.
Umerziehung ist also eine mühsame Angelegenheit
weshalb Psychotherapie nur mit dem guten Willen des Betroffenen möglich ist.
Zu wissen, was einen krank macht, ist dafür nur die Ausgangsposition.
Psychoanalyse ist also nur der erste Schritt, dem eine Verhaltenstherapie folgen muss.
Umdenken ist anstrengend.
Mit dem Hirnjogging ist es wie mit dem Sport:
Anfangs tut's weh, mit der Zeit wachsen uns die Muskeln, die wir dazu brauchen.
Im Hirn bilden sich durch aktives Denken neue Synapsen und Denkwege.
Um sie einzuspeichern braucht der Mensch Schlaf.
Viele Leute wollen sich das Denken ersparen.
Sie schalten einfach auf stur und machen so weiter, wie bisher.
Sie nehmen dabei weder Rücksicht auf sich, noch auf andere.
Sie folgen der Macht der Gewohnheit bis zum Abgrund.
Auf dem Weg dorthin geben sie sich dem Wunschdenken hin,
die Folgen würden schon nicht so schlimm, oder es werde ein Wunder geschehen.
Sie gleichen dabei einer Dampflok, die nicht aufzuhalten ist,
wenn sie auf eingefahrenen Gleisen dahinzischt.
Sind sie dann abgestürzt und nicht tot,
schreien sie und liegen anderen auf der Tasche.
Sowas wie Verantwortung kennen Denkfaule nicht.
Sie leben nach dem Lustprinzip oder folgen feige dem Fortgang der Dinge.
Was lernen wir daraus?
Wir sollten darauf achten, wie wir uns verhalten,
um selbst nicht im Abgrund zu landen
und anderen nicht als schlechtes Vorbild zu dienen.
Letzteres gilt insbesondere für den Umgang mit Babys und Kleinkindern.
Und wir sollten offen bleiben für Kritik.
Wer stets bemüht ist, sein Verhalten zu verbessern,
entwickelt sich zu einem souveränen und gelassenen Menschen.
Wer weiß, wie er in welcher Situation richtig reagiert,
wird nicht von Unsicherheit und Ängsten gequält.
Die Weichen für angemessenes Verhalten
werden in der frühen Kindheit gelegt.
Deshalb ist es wichtig, dass alle werdenden Eltern lernen,
mit Kindern von Geburt an richtig umzugehen.